erbaut: ab 1856
Die Gründung der Zementfabrik im heutigen Bonnn-Oberkassel ging auf Hermann Bleibtreu (1821-1881) und Matthias Jäger zurück. Der in Bonn geborene und aufgewachsene Hermann Bleibtreu gilt als Begründer der deutschen Zementindustrie. Aus seinen Versuchen, den in England seit 1844 unter Patentschutz produzierten Portland-Zement durch ein aus heimischen Rohstoffen hergestelltes Fabrikat zu ersetzen, resultierte 1853 ein Patent. Er brachte dieses in ein neu gegründetes Unternehmen ein, das 1855 in der Nähe von Stettin den Betrieb aufnahm. Die für sein Produkt benötigten Rohstoffe - Rohkreide und Ton - waren in der Gegend von Stettin leicht zu beschaffen.
Nach einem nur schleppenden Anlauf der Produktion der
Stettiner Portland-Zement-Fabrik kehrte er ins Rheinland zurück und engagierte sich nun im
Bonner Bergwerks- und Hütten-Verein. Dieses Unternehmen war 1853 aus einem Zusammenschluss von Bleibtreu mit den Alaunwerken von Matthias Jäger entstanden. Vor allem auf Betreiben von Bleibtreu beschloss das Unternehmen 1856 den Bau einer Zementfabrik am Rheinufer bei Oberkassel. Ausschlaggebend für die Wahl des Standortes war die Überlegung gewesen, dass neben Ton und Kalkstein auch der Brennstoff - Braunkohle von der nahe gelegenen Hardt - kostengünstig aus der Region bezogen werden könnte. Allerdings ließ sich das nicht im geplanten Umfang realisieren, nachdem der Betrieb gegen Ende des Jahres 1858 endlich in Gang gekommen war.
Bezüglich der industriellen Verwendung der regionalen Braunkohlevorkommen ließ Hermann Bleibtreu nicht locker. Er erwarb 1872/73 in der Nähe von Brühl mehrere Braunkohlenfelder und ließ durch Bohrungen die Mächtigkeit der Lagerstätten erkunden. Zusammen mit dem aus dem mitteldeutschen Braunkohlengebiet bei Halle ins Rheinland übergesiedelten Hermann Gruhl gründete er 1873 die
Gewerkschaft Bleibtreu, aus der später eines der größten rheinischen Braunkohlebergbauunternehmen, die
Roddergrube AG, hervorging.
Von den seit Mitte der 1850er Jahre erbauten Werksanlagen sind heute nur noch die so genannte Rohmühle (Fotos 1 bis 3), die Direktorenvilla (Foto 4) und ein Wasserturm (siehe bei »weiter«) erhalten. Das Unternehmen war nach dem Ersten Weltkrieg vom
Dyckerhoff-Konzern übernommen worden und firmierte seitdem als
Bonner Portland-Zementwerk AG. Im Zweiten Weltkrieg blieben die Werksanlagen von Zerstörungen weitgehend verschont. Bereits 1946 erhielt das Zementwerk von der alliierten Militärregierung wieder die Genehmigung zur Produktion. Bis 1964 wuchs die Zahl der Beschäftigten auf rund 430. Ende 1987 schloss die
Dyckerhoff AG die Bonner Werksanlagen. Unmittelbar danach begann der Abriss der Mehrzahl der Gebäude. Gemäß dem Berlin/Bonn-Gesetz vom 26. April 1994 wurde das Zementwerksgelände vom Bund für die Stadt erworben und erschlossen. Auf Initiative von Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) wurde das Areal schließlich als Sonderentwicklungsgebiet für innovative Industrien ausgewiesen. 2002 begannen die Arbeiten zur Errichtung eines Bürokomplexes unter dem Namen »BonnVisio«. Mitte 2013 war die Umstrukturierungsmaßnahme weitgehend abgeschlossen.
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